
Foto: (c) A. Hertl
Entspannt lehnt Andreas Hertl in seinem Chesterfield Sessel. Die antike Standuhr neben der Ladentüre schlägt mit hellem Klingeln zur vollen Stunde, um dann gleichmäßig und leise im Hintergrund weiter zu ticken. Andreas Hertls Laden in der Fürther Königstraße wirkt nicht nur an diesem Herbstnachmittag wie ein Ruhepol in der Hektik des Alltags. Das dunkle Holzregal, in dem sich die Whiskyflaschen aneinanderreihen und die hochglanzpolierte Tafel, die bereits für ein Tasting am Abend eingedeckt ist, tragen ihren Teil zu dieser Atmosphäre bei.
Der Reiz des Einzelfasses
Mit der gleichen Leidenschaft, mit der Andreas Hertl auf die Details bei der Einrichtung und Gestaltung seines Ladengeschäfts achtet, geht er auch bei der Auswahl seines Whiskysortiments vor. Er hat sich auf die besonderen, charaktervollen Einzelfassabfüllungen spezialisiert, mit denen man immer neue Seiten an einer Brennerei entdecken kann und die in den großen Abfüllungen für den Massenmarkt oft untergehen. Als Beispiel führt Andreas Hertl einen 14-jährigen Bowmore aus dem Bourbonfass an, den er neulich für ein Tasting geöffnet hat: „Der hatte tropische Früchte, Maracuja und Rauch, ein Old-Style-Bowmore, wie man sie aus den 80er Jahren kennt“.

Foto (c) A. Hertl
Whiskies mit Farbstoffen oder Kältefiltration stehen bei ihm nicht auf der Einkaufsliste. „Besonders filigrane Whiskies werden durch Farbstoffe unschön verändert und richtig platt und bei der Kältefiltration werden dem Whisky wichtige Stoffe, Eiweiße, Fette und Öle entzogen, die als Geschmacksträger wichtig sind“, sagt der Whiskyliebhaber Hertl, der bereits seit einunddreißig Jahren das „Wasser des Lebens“ zu seinem Thema und dabei sein Hobby zum Beruf gemacht hat. „Ohne Kältefiltration wird der Whisky intensiver, man hat länger was davon, genießt länger und behält die Flasche länger, und dann kann man auch einmal einen Zehner mehr ausgeben.“ Wobei hohe Qualität nicht immer auch mit einem höheren Preis gleichzusetzen ist. Gerade bei zunehmendem Alter eines Whiskies werden Einzelfassabfüllungen von unabhängigen Abfüllern günstiger im Vergleich zu Originalabfüllungen der Destillerien. Auch deshalb finden sich bei Scotch Broth Whisky in Fürth eine Menge Whiskies von unabhängigen Abfüllern. Besonders der deutsche Abfüller Malts of Scotland ist gut vertreten, schließlich ist Andreas Hertl nicht nur auf Messen für Malts of Scotland unterwegs, sondern auch freundschaftlich eng mit Thomas Ewers, dem Gründer und Inhaber von MoS, verbunden.
Zwei besondere Jubiläums-Whiskies
Der enge Branchenkontakt ist auch bei der Auswahl der Whiskies sehr hilfreich. Denn Andreas Hertl verlässt sich nicht blind auf Verkostungsnotizen, er bekommt immer wieder Proben direkt aus dem Fass oder führt intensive Gespräche mit Abfüllern und Lieferanden über den Geschmack eines Whiskies. „Mit der Datenbank im Kopf kann man sich auch ein sensorisches Bild von einem Whisky machen, ohne ihn probiert zu haben“, verrät der Fürther Whiskyhändler. Und nicht zuletzt ermöglicht der Kontakt zu MoS auch besondere Abfüllungen: Gerade eben wurde zum 25-jährigen Jubiläum des ältesten Whiskyclubs Deutschlands The Most Venerable Order of the Highland Circle aus Nürnberg ein 25-jähriger Laphroaig abgefüllt. Und auch für das 15-jährige Firmenjubiläum von Scotch Broth wird es im November 2015 eine Abfüllung von MoS geben: einen 15-jährigen Bunnahabhain aus dem 1st Fill Sherryfass. Ein Whisky, den Andreas Hertl selbst ausgewählt hat und dessen Individualität durch die Einzelfasslagerung so richtig zum Ausdruck kommt.
Whisky-Botschafter mit eigener Akademie

Foto: (c) A. Hertl
Neben dem Ladengeschäft spielen Tastings eine große Rolle in Andreas Hertls Berufsalltag. Etwa hundertfünfzig Tastings, acht Whiskydinner und Veranstaltungen außer Haus führt er durch und generiert damit fünfzig Prozent seines Jahresumsatzes. „Das Schöne am Tasting ist, dass die Leute an einem Abend eine Bandbreite kennen lernen oder dass sie Dinge probieren, die sie sonst nie probieren würden oder könnten.“ Und so bietet Scotch Broth Whisky neben Einsteiger-Tastings auch thematische Tastings (z.B. Whisky & Wood oder Independent Bottlers) und Rare- bzw. Ultra-Rare-Tastings an, in denen ganz besondere Flaschen aufgemacht werden. Und auch bei einem Einsteigertasting kann ein besonderer Tropfen ins Glas kommen: „Wenn einer fragt: ‚Was ist denn der Unterschied zwischen so einem Whisky und einem 40-jährigen?‘, dann ist es einfach gut, wenn man eine offene Flasche holen kann und dann einen Schluck einschenkt und sagt: ‚Das ist der Unterschied, probieren sie einfach mal.‘“ Die Begeisterung mit anderen Liebhabern zu teilen, ihnen das „Wasser des Lebens“ näher zu bringen und intensiv in die Materie einzutauchen, waren auch Anlass für die Gründung der Whisky-Akademie. Hier bietet Hertl Whiskybegeisterten die Möglichkeit, sich bis zu fünf Jahre intensiv in Seminaren mit ihrem Lieblingsgetränk zu beschäftigen – für manche auch der Grundstein für ihre berufliche Zukunft, wie Andreas Hertl berichtet.
Das Alter macht den Unterschied

Foto: (c) A. Hertl
Dem Whiskyliebhaber Andreas Hertl haben es vor allem Vor- und Nachkriegswhiskies angetan, z.B. alte Glen Grants. „Damals wurde einfach noch langsamer gearbeitet und es wurde länger fermentiert und destilliert, was einen sehr öligen, intensiven Whisky gibt. Und da ist man oft überrascht. Zum Beispiel, dass Macallan 1936 und Knockando 1948 getorft haben, weil Kohle damals knapp und teuer war.“ Insgesamt ist sich Andreas Hertl, der über viereinhalbtausend Whiskies probiert hat, sicher: „Alter macht schon viel, wenn man es nicht übertreibt und auf die Reife eines Whiskies achtet.“
Mein Fazit
Wer auf der Suche nach einem hochwertigen Whisky, abseits des Mainstreams ist, findet bei Scotch Broth Whisky genau das. Hier gibt es Qualität, gute Beratung, ein stilvolles Ambiente und einen Fachhändler, der seine Leidenschaft für Whisky gerne mit anderen teilt.
Patrick
Eine Antwort auf „Portrait: Andreas Hertl (Scotch Broth Whisky & Whisky-Akademie, Königstraße 33, 90762 Fürth)“