
Mit einem Whisky kann man sich wunderbar auf eine Zeitreise begeben. Wenn man sich am Abend im Sessel zurücklehnt und einen alten Whisky im Glas hat, kann man noch einmal die Jahre an sich vorüberziehen lassen. Das eigene Leben drehte sich, während der Single Malt in einem dunklen Fass lag und reifte.
Als der Whisky, den ich heute im Glas habe, 1990 in ein ex-Bourbonfass gefüllt wurde, war ich gerade neun Jahre alt. Damals beschäftigten mich alle möglichen Dinge, aber noch kein Whisky und auch kein Whisky-Club. Bei einigen Nürnbergern sah das anders aus. Gut, Bernhard Schäfer, Oliver Kirschner und die anderen Whiskyliebhaber waren auch ein paar Jährchen älter, als sie im November 1990 The Most Venerable Order of the Highland Circle gründeten. Sie waren Pioniere, denn einen Whisky-Club gab es bis dahin im ganzen Land noch nicht. Der Highland Circle ist damit der älteste Whisky-Club Deutschlands.
Im November 2015 feierte der Highland Circle sein 25-jähriges Jubiläum mit einer eigenen Single Malt-Abfüllung. Ihre Wahl fiel dabei auf einen Whisky, der von Laphroaig auf der Insel Islay im Gründungsjahr des Clubs destilliert wurde und inzwischen zum Bestand des unabhängigen Abfüllers Malts of Scotland aus Paderborn gehörte. Insgesamt 218 Flaschen wurden für die Mitglieder des Whisky-Clubs aus dem Einzelfass abgefüllt. In den freien Verkauf gelangten nur sehr wenige Flaschen. Knapp 250 Euro kostete der 25-jährige Laphroaig dort. Ich konnte durch eine Flaschenteilung der Whiskyfreunde Noris ein Sample des Single Malts bekommen.
Der Laphroaig schimmert in hellen Bernsteintönen im Glas, wie es für viele Islay-Whiskies typisch ist. Sofort steigt das charakteristische Laphroaig-Aroma in die Nase. Der Rauch ist zwar sehr präsent, aber nicht so aufdringlich und scharf wie etwa bei der 10-jährigen Originalabfüllung. Man merkt, dass dieser Whisky wesentlich länger reifen durfte, dass er gesetzter, ausgewogener und tiefgründiger ist. Trotzdem kommen auch beim 25-jährigen Laphroaig Assoziationen von Heftpflaster und Jod auf, bevor die Rauchnoten aromatischer werden und sich mit anderen Nuancen verbinden. Neben Lagerfeuerrauch und Asche setzen sich zunehmend auch süße Vanille, Anis, Karamell und reife Zitrusfrüchte. Im Hintergrund lässt sich eine süße Malznote wahrnehmen und salzige Anklänge wie von einer frischen Meeresbrise. Der Alkohol ist schön in dieses Aromenspiel eingebunden und sticht trotz der Abfüllung in Fassstärke mit 54,1%vol. nicht unangenehm hervor.
Geschmeidig fließt der Jubiläums-Laphroaig über die Zunge, mit einem süßen Antritt wie von Honig und Zitrusfrüchten. Dann schiebt sich der Rauch würzig und aromatisch in den Vordergrund. Auf der Zungenspitze beginnt es zu prickeln und eine gewisse pfeffrige Geschmacksnote ist zu spüren, bevor sich würzige Eichentöne bemerkbar machen, deren zarte Bitterkeit mal an dunkle Schokolade und mal an Kaffee erinnert. Mit der Zeit sind auch ein wenig speckige Anklänge am Gaumen und in der Nase wahrnehmbar.
Der Laphroaig 1990 bleibt lange am Gaumen und lässt auf den Wangen eine pelzige Trockenheit zurück. Wieder ist der Rauch präsent. Nicht aufdringlich und weniger stinkig, als vielmehr aromatisch, trägt er die Eichennoten und den leicht salzigen Nachgeschmack. Ein wirklich schöner und komplexer Islay-Malt und ein absolut würdiger Jubiläumstropfen.
Patrick