
Foto: (c) Firma W. Eder
Ein gutes Fass macht bis zu achtzig Prozent eines Whiskies aus, da sind sich Experten einig. Es prägt sein Aroma, sein Aussehen, seinen Geschmack und seinen Abgang. Für Whiskyliebhaber hat Holz also eine ganz besondere Bedeutung. Es haucht dem Rohdestillat sein Leben ein und macht es durch den mehrjährigen Reifeprozess erst zum uisge beatha, zum „Wasser des Lebens”.
Im Fass bauen sich nicht nur die metallischen, scharfen und unangenehmen Stoffe des Newmake ab, gleichzeitig reichert sich der Spirit auch mit Geschmacksstoffen aus dem Eichenfass an. Erst durch einen Austausch der Aromen von Destillat und Holz entsteht mit den Jahren der vollendete Whisky. Eine Spirituose, die in ihrer Aromen- und Geschmacksvielfalt einzigartig ist.
Vom Baum zum Fass
Für den komplexen Reifeprozess im Fass eignen sich nicht alle Hölzer. Es hat einen guten Grund, warum in Schottland und auch in den USA ausschließlich Eichenholz für Whiskyfässer verwendet wird. „Eichenholz ist härter als andere Holzarten”, sagt Anja Getto von der pfälzischen Küferei Eder. Das Unternehmen aus Bad Dürkheim beliefert viele nationale und internationale Whiskybrennereien mit neuen und aufbereiteten Fässern. Für die Firma Eder ist entscheidend, dass die Eiche langsam und gleichmäßig wächst und oft mindestens hundert Jahre alt ist, bevor sie gefällt wird. „Die Tanninstrukutur (Gerbstoffe, die dem Whisky einen trockenen, rauen und manchmal im Abgang bitteren Charakter verleihen, Anm. P.G.) der Eiche eignet sich hervorragend zum Ausbau feiner Weine und Destillate“, erklärt Anja Getto.

Foto: (c) Firma W. Eder
Dabei sieht es der Küfer einem Baum schon auf den ersten Blick an, ob sein Holz für den Bau eines Whiskyfasses geeignet ist. So darf die Eiche am unteren Teil des Stammes weder Drehwuchs noch Äste aufweisen, denn jedes Astloch würde die Gefahr erhöhen, dass das befüllte Fass später leckt, sagt Anja Getto.Um den Astwuchs zu vermeiden, werden schon beim Pflanzen der Eichenbäume bestimmte Vorkehrungen getroffen: Rund um den Baum werden sogenannte „Beschatter” bepflanzt, zum Beispiel Buchen, die das Astwachstum der Eiche verhindern. Aus dem gefällten Baum werden die Dauben, aus denen das Fass zusammengesetzt wird, so geschnitten oder gespalten, dass die Markstrahlen möglichst parallel zur Daube verlaufen. Dieser spezielle „Spiegelschnitt” sorgt für die Dichtigkeit des späteren Fasses.
Die Bedeutung des Toastens
Ist das Fass fertig, steht noch ein entscheidender Schritt bevor, damit der Whisky überhaupt zu einer aromatisch und geschmacklich interessanten und komplexen Spirituose reifen kann: Das Rösten (engl. toasting) oder Auskohlen (engl. charring) des Eichenfasses. Dabei wird die Innenseite des Fasses erhitzt oder mit offenem Feuer ausgekohlt, wodurch sich die Molekülstruktur im Holz verändert. Aus den neugebildeten Molekülen entwickeln sich verschiedene Aromen in der Fasswand. Gleichzeitig bauen sich durch die Hitzebehandlung harzige Aromastoffe im Holz ab.

Foto: (c) Firma W. Eder
Als erfahrene Fassbauer wissen die Mitarbeiter der Firma Eder um die besondere Bedeutung des Toastings, wie Anja Getto ausführt: „Das Toasten von Holz hat entscheidenden Einfluss auf das Geschmacksprofil. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Toastings: Feuertoast, Gastoast, Infrarot-Toast, Doppeltoast.“ Je nachdem, ob ein Fass aus neuem Holz gebaut wurde oder ob es sich um die Aufbereitung eines gebrauchten Fasses handelt, können die unterschiedlichen Toasting-Stufen auch andere Aromen hervorbringen. Beim Rösten des Holzes entwickeln sich Gewürzaromen wie von Nelken, Zimt und Muskat, süße Geschmacksnuancen wie von Honig, Zucker und Karamell oder Vanillenoten. Bei der Aufbereitung gebrauchter Fässer sind es vor allem nussige und rauchige Aromen, die beim erneuten Toasten in den Vordergrund treten. Anders, als man vielleicht vermuten könnte, entsteht das für manche Whiskies typische Raucharoma aber nicht durch das Rösten oder Auskohlen der Fässer. Diese Geschmacksnuancen bilden sich schon vor der Destilation des Whiskies, beim Trocknen des Malzes über Torfrauch.
Amerikanische Eiche und Bourbonfässer
In den USA muss Whiskey per Gesetz in frischen, ausgekohlten Eichenfässern reifen. Jedes Fass darf also nur einmal zur Reifung von American Whiskey verwendet werden. Außerdem müssen die Fässer aus amerikanischer Weißeiche gefertigt sein, die „für ihren süßen und ‚toasty‘ Charakter“ bekannt ist, wie es Anja Getto beschreibt.

Die Fässer für den amerikanischen Bourbon Whiskey werden traditionell mit Feuer stark ausgebrannt, sodass auf der Innenseite des Fasses eine oft rissige Holzkohleschicht entsteht. Sie erlaubt es dem Newmake tief in das Holz einzudringen und von dort Aromastoffe aufzunehmen. Es sind vor allem die typischen Vanille- und Karamellnoten, die der Bourbon dabei aus der Fasswand zieht.
Bourbonfässer haben in der Regel nur eine Daubenstärke von zwei Zentimetern. In Verbindung mit der offenporigen Struktur der Eiche „atmet“ das Fass stärker, daher erfolgt die Reifung in einem solchen Fass auch verhältnismäßig schnell. Das Fassungsvermögen für ein American Standard Barrel beträgt 200 Liter. Nach der Erstbefüllung in den USA reift der Whiskey dort für mindestens zwei, meist aber für drei bis vier Jahre, bevor er abgefüllt wird. Nachdem das entleerte Fass in Amerika nicht wieder für die Whiskeyreifung verwendet werden darf, steht ihm oftmals eine Reise über den Atlantik bevor.
Neues Leben in alten Fässern
In Schottland werden im Gegensatz zu den USA meist gebrauchte, aufbereitete Fässer zur Reifung von Whisky verwendet. Diese Fässer werden vor der Befüllung erneut getoastet (vorher ggf. noch ausgekratzt oder abgeschliffen) und mit einem neuen Boden und Deckel versehen. Häufig handelt es sich um ehemalige Bourbonfässer, die schottische Brennereien aus den USA aufkaufen. Dabei kommt vielen Brennereien zugute, dass sie zum gleichen Mutterkonzern gehören wie manche amerikanische Destille.

Allerdings finden auch Fässer aus europäischer Eiche, in denen vorher Starkweine wie Sherry, Madeira oder Port ausgebaut wurden, traditionell Verwendung. Bei Whiskyherstellern begehrte Sherryfässer mit einem Alter von bis zu vierzig Jahren sind heute allerdings nur schwer zu finden. Die Nachfrage nach Sherry sinkt gegenwärtig, weshalb der Nachschub an den Fässern aus Spanien knapp ist. Inzwischen werden im spanischen Jerez, dem einzigen Ort, in dem Sherry produziert werden darf, auch Fässer extra für die Whiskyindustrie angefertigt, die dann nur relativ kurz mit Sherry befüllt werden, um Aromen und Farbstoffe an das Fass abzugeben. Das Holz dieser Fässer stammt zu einem großen Teil aus französischen Wäldern. Die europäischen Eichenfässer haben meist dickere Dauben als die amerikanischen Bourbonfässer. Sie zeichnen sich außerdem durch einen höheren Tanningehalt aus und geben im Gegensatz zur amerikanischen Weißeiche süße, würzige und trockenere Geschmacksnoten an den Whisky ab.
Einfluss der Vorbefüllung auf den Whisky
Bei der Reifung in einem gebrauchten Fass reagieren nicht nur Holz und Destillat miteinander. Auch das vorher eingefüllte Getränk hat Einfluss auf Farbe und Geschmack des späteren Whiskies. Während schottische Single Malts aus früheren Bourbonfässern meist goldfarben sind und Anklänge von Süße, Vanille und Karamell zeigen, sorgen ehemalige Sherryfässer für fruchtig-süße, trockene und nussige Aromen und für eine dunkle Färbung, die auch kräftige Mahagonitöne erreichen kann. Dabei profitiert der Whisky von den zahlreichen Sherryarten, die ihren eigenen Einfluss auf Geschmack und Farbe des Destillats haben. Das Fass eines hellen und leichten Fino-Sherrys verleiht dem Whisky einen anderen Charakter als das Fass eines trocken-nussigen Oloroso-Sherrys oder eines schweren, süßen Pedro Ximénez-Sherrys.
Ein Fass, in dem erstmals schottischer Whisky reift, wird als First Fill Cask bezeichnet, obwohl es vorher schon mit einem anderen Getränk (z.B. Bourbon oder Sherry) befüllt war. Natürlich gibt ein solches First Fill Cask intensivere Aromen und Farbstoffe ab, als ein mehrfach benutztes Refill Cask.
Alternative Trends bei der Fassreifung
Während in Schottland ausschließlich Eichenfässer zur Reifung verwendet werden dürfen, wagt man in deutschen Whiskybrennereien auch neue Fassexperimente. Zwar finden sich auch in Schottland Alternativen zu den traditionell verwendeten Fässern (z.B. ehemalige Cognac- oder Weinfässer), trotzdem handelt es sich dabei immer um Fässer aus Eichenholz.
In Deutschland wird alternativ dazu auch Akazienholz, bei dem es sich aus botanischer Sicht allerdings um das Holz einer Robinienart handelt, zur Whiskyreifung verwendet. „Das Holz ist mit einem kräftigen Toasting bestens für die Reifung von Whisky geeignet, weil es starke Strukturen nach Speck und Schinken mit sich bringt“, erläutert Anja Getto. Auch in der Fränkischen Schweiz werden diese Fässer für die Herstellung von Whisky verwendet. So lässt etwa Georg Kugler (Elchbräu Thuisbrunn) einen Teil seines Torfmalzbrandes in den Akazienfässern der Firma Eder reifen.

Auch die Nachreifung (engl. finishing) von Whisky für mehrere Monate in einer zweiten Fassart ist seit längerem in vielen schottischen und deutschen Brennereien üblich. Dabei wird der Whisky, nachdem er z.B. mehrere Jahre in einem ehemaligen Bourbonbarrel oder einem Fass aus neuer, angerösteter Eiche lagerte, für einige Monate meist in einem Starkweinfass (z.B. Port oder Sherry) nachgereift.
Übrigens wurde solch ein nachgereifter Whisky im Herbst 2015 von einer Fachjury zum besten deutschen Whisky gekürt. Der Ayrer`s PX-Cask der Nürnberger Whiskydestille Hausbrauerei Altstadthof reifte zunächst in frischer amerikanischer Weißeiche, bevor er für mehrere Monate in ein Pedro Ximénez-Sherryfass umgefüllt wurde. Auch an dieser Prämierung wird sichtbar, welche Bedeutung einem guten Fass zukommt und welchen Einfluss die Wahl des richtigen Holzes auf die Vielschichtigkeit und Tiefe eines Whiskies hat. Auch wenn dieser Einfluss streng genommen mehr mit chemischen Prozessen als mit Magie zu tun hat. Zumindest das Ergebnis hat etwas Magisches – und darauf kommt es letztlich an.
Patrick
Eine Küferei die für Whisky Produzenten Fässer herstellt , hätte mich auch interessiert.
Toller Artikel!
Vielen Dank für das Kompliment. Mir hat das Recherchieren und Schreiben auch großen Spaß gemacht!