Kurzinterview: Wolfgang F. Rothe, Autor und “Whisky-Vikar”

Für "Whisky-Vikar" Wolfgang F. Rothe verbinden sich Whisky und christliche Spiritualität. Foto: (c) W.F. Rothe
Für “Whisky-Vikar” Wolfgang F. Rothe verbinden sich Whisky und christliche Spiritualität.
Foto: (c) W.F. Rothe

Wolfgang F. Rothe schreibt regelmäßig im “Whisky Botschafter”, ist in der Szene als “Whisky-Vikar” bekannt und legte mit “Wasser des Lebens” Anfang des Jahres ein eigenes Whiskybuch vor. Im Interview mit dem Whisky-Club Fränkische Schweiz spricht der promovierte Theologe und Kirchenrechtler über seinen persönlichen Whiskygeschmack und darüber, was das “Wasser des Lebens” mit christlicher Spiritualität verbindet.

Patrick Grasser: In Deinem Buch „Wasser des Lebens“ begibst Du Dich auf Spurensuche nach einer spirituellen Dimension des Whiskys. Wie bist Du eigentlich selbst zum Whiskyliebhaber geworden?

Wolfgang F. Rothe: Das war eine Art Offenbarung: Als Kirchenrechtler war ich einmal zu einem Beratungsgespräch bei einer hochadeligen Familie eingeladen. Das Ambiente war sehr vornehm und auch etwas einschüchternd. Als nach dem Essen Whisky gereicht wurde, habe ich mich nicht getraut abzulehnen, obwohl ich mir bis dahin eigentlich überhaupt nichts aus alkoholischen Getränken gemacht hatte. Ich weiß bis heute nicht, welchen Whisky ich damals im Glas hatte, aber ich war überwältigt. Von da an wollte ich mehr über dieses im wahrsten Sinn des Wortes wunderbare Getränk wissen.

PG: Hast Du einen Lieblingswhisky? Oder was macht Whiskys aus, die Deinen Geschmack so richtig treffen?

WFR: Ich habe viele Lieblingswhiskys. Welche das sind, hat sich schon oft geändert und wird sich vermutlich noch oft ändern. Damit mich ein Whisky so richtig begeistert, muss er zwei Kriterien erfüllen: Zum einen darf er nicht eindimensional sein, sondern muss eine geschmackliche Vielfalt bieten, die die Vielfalt des Lebens widerspiegelt. Und zum anderen muss er harmonisch sein, das heißt die einzelnen geschmacklichen Komponenten dürfen nicht in Konkurrenz zueinander treten, sondern müssen sich gegenseitig ergänzen und bereichern. Um zwei ganz unterschiedliche und momentan noch problemlos erhältliche Beispiele zu nennen: Wann immer ich die 1995 destillierte Single-Cask-Abfüllung von Old Pulteney (Fass Nr. 2998) oder die 21 Jahre alte Jubiläumsabfüllung von Laphroaig aus dem Vorjahr im Glas habe, fühle ich mich Raum und Zeit entrückt…

PG: Genießt Du Whisky lieber in Gesellschaft oder alleine?

WFR: Eindeutig in Gesellschaft – wobei ich die Gesellschaft Gleichgesinnter meine. Einerseits wird der eigene Genuss dadurch, dass man ihn teilt, nicht vermindert, sondern vermehrt, und zum anderen öffnen Gleichgesinnte einem mitunter Türen, die einem alleine verborgen und verschlossen bleiben würden.

PG: Du schreibst regelmäßig für den „Whisky-Botschafter“. Wie bist Du dazu gekommen, Whisky nicht nur zu genießen, sondern auch darüber zu schreiben? Und was gab den Anstoß, jetzt ein eigenes Buch über Whisky zu veröffentlichen?

WFR: Ich habe bis vor kurzem viele wissenschaftliche, näherhin theologische und kirchenrechtliche Artikel in entsprechenden Fachzeitschriften veröffentlicht. Solche Artikel machen viel Arbeit, werden aber nur von wenigen gelesen und führen so gut wie nie zu einem Diskurs. Wer hingegen den „Whisky-Botschafter“ abonniert hat oder kauft, liest ihn in der Regel auch. Aus den Artikeln, die man mich dort dankenswerterweise veröffentlichen lässt, entstehen Diskurse, Gespräche und Kontakte. Darüber freue ich mich! Ähnlich ist es bei meinen Veranstaltungen, ob auf Messen oder bei meinen „spirituellen Whisky-Abenden“. Das eine oder andere Glas Whisky bietet eine ideale Ausgangslage, um ins Gespräch zu kommen – und zwar ins Gespräch über Dinge, über die man ansonsten nicht so ohne Weiteres sprechen würde. In solchen Gesprächen habe ich selbst schon so manches erfahren und erkennen dürfen. Mein Büchlein ist im Grunde nur eine Zusammenfassung solcher Erfahrungen und Erkenntnisse.

PG: Warum gehören Spiritualität und Whisky für Dich zusammen?

WFR: „Spirit“ und „Spirituality“ haben nicht nur eine gemeinsame sprachliche, sondern auch eine gemeinsame geschichtliche Wurzel. Iro-schottische Mönche waren es, die irgendwann auf die geniale Idee kamen, dass man den hochprozentigen Alkohol, den sie zur Herstellung medizinischer Tinkturen brauchten, nicht nur aus teuer importiertem Wein, sondern auch aus vergorener Getreidemaische destillieren kann. Whisky ist somit ein ureigenes Produkt von Kloster und Kirche. Nicht ohne Grund bedeutet Whisky übersetzt „Wasser des Lebens“ – ein Begriff, der ursprünglich aus der Bibel stammt. Die Mönche gaben ihrem Produkt diesen Namen, weil sie erkannten, dass dessen Genuss sowohl dem Leib als auch der Seele gut tat.  Darum eignet sich Whisky nach wie vor hervorragend zur Vermittlung einer ebenso sinnenfreudigen wie lebensbejahenden christlichen Alltagsspiritualität. Auch wenn das immer wieder vergessen oder gar bestritten wird, ist das Christentum keine Verbotsreligion! Immerhin hat Jesus sein erstes Wunder gewirkt, indem er Wasser in Wein verwandelt hat – und zwar eine ganze Menge Wasser in bemerkenswert guten Wein!

PG: Bei welchen Veranstaltungen kann man Dich und Dein Buch in der nächsten Zeit näher kennen lernen? Bist Du auf Lesetour oder stellst Dein Buch bei Messen oder Tastings vor?

WFR: Die Messe-Saison neigt sich ja langsam ihrem Ende zu. Demnächst stehen eher kleinere Veranstaltungen auf dem Programm, in Pfarreien oder zusammen mit Whisky-Clubs. Ich freue mich immer sehr über solche Einladungen! Anfang Juni fahre ich dann wie in jedem Jahr mit einer Gruppe auf „Whisky-Wallfahrt“ nach Schottland, wo man die ursprüngliche Verbindung zwischen „Spirit“ und „Spirituality“ ganz konkret erleben kann.

PG: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast.

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