
Foto: (c) A. Caminneci
Von einem gebürtigen Rheinländer mit italienischen Wurzeln erwartet man nicht unbedingt, dass ihm die Leidenschaft für Whisky in die Wiege gelegt ist. Trotzdem entdeckte Andrea Caminneci bereits als Teenager seine Begeisterung für das schottische Lebenswasser. Inzwischen ist er mit seinem Unternehmen Caminneci Wine & Spirit Partner und dem Label C&S Dram als Exklusivimporteur und unabhängiger Whiskyabfüller eine feste Größe in der Whiskywelt. Seine Mitgliedschaft bei den „Keepers of the Quaich“ öffnet ihm dabei Türen, die anderen oft verschlossen bleiben. Im Interview mit dem Whisky-Club Fränkische Schweiz verrät der Fünfzigjährige von seiner Leidenschaft für Whisky, seinen Qualitätsansprüchen und seinen Einschätzungen zu aktuellen Entwicklungen in der Whiskywelt.
Patrick Grasser: Andrea, seit zehn Jahren bringst Du Whiskyfreunden mit Deinem eigenen Label „C&S Dram“ schottischen Whisky näher. Wie bist Du selbst zum Whiskyliebhaber geworden?
Andrea Caminneci: Hm, da gab es eigentlich drei „Meilensteine“. Das erste war mein allererster Whisky, spendiert von einem Vetter meines Vaters. Das war Anfang der 1980er und dieser Whisky war älter als ich: Ein Glenlivet 18. Der hat mich schwer beeindruckt! Dann etwa zehn Jahre später, in einem Pub in Aachen, ein über 20 Jahre alter Glen Grant von einem unabhängigen Abfüller aus dem Sherryfass – mehr Einzelheiten weiß ich gar nicht mehr. Aber da war dann meine Neugier so richtig geweckt. 1995 war ich als Food & Beverage Manager in der Toscana in einem großen Hotel und hatte die Aufgabe „die beste Whiskyauswahl Italiens“ an die Bar zu bringen. Ob es dann wirklich die beste war, keine Ahnung, aber es waren auf alle Fälle über 100 Sorten. Die Auswahl der Tropfen zog sich über drei Monate hin und hat dann mein Schicksal besiegelt.

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Inzwischen ist der Handel mit Wein, Whisky und anderen Spirituosen von einer Leidenschaft zum Beruf geworden. Dein Werdegang begann aber in einer ganz anderen Ecke: Du bist gelernter Bankkaufmann. Wie kam es zu dem Schritt, aus der Finanzwelt in das Geschäft mit Wein und Spirituosen zu wechseln?
AC: Och eigentlich ist der Ursprung noch älter, geplant war der Einstieg in die väterliche Baumschule. Die Bankausbildung sollte nur das Kaufmännische bringen und gleichzeitig den Umgang mit Banken. Während der Lehre habe ich erstmals nebenher in der Gastro gearbeitet und Blut geleckt. Nachdem dann der Einstieg bei meinem Vater nicht klappte (wir waren uns einfach zu ähnlich 😉 ) ging ich nach Italien in die Hotellerie. Eigentlich nur für sechs Monate aber diese dauerten dann sieben Jahre. „Nebenher“ habe ich dann meinen Hotelbetriebswirt an der Berufsakademie in Ravensburg gemacht.
Seit 1996 war ich dann wieder in Deutschland, vier Jahre beim Gastro-Distributeur von Remy Deutschland, das war damals Macallan, Highland Park, Bunnahabhain und Famour Grouse. Dann landete ich beim damaligen Importeur von Morrison Bowmore/Suntory. Eigentlich war mein Job dort Verkaufsleiter für Weine, nach kurzer Zeit kriegte ich aber zusätzlich das Produktmanagment Whisky „angedreht“ Nachdem ich dann noch Blanton’s aus Kentucky dazu holte, hatten wir mit Bowmore, Auchentoshan, Glen Garioch, Yamazaki, Hibiki und Blanton’s ein tolles Portfolio! Das war dann mein tiefer Einstieg in die Whiskyszene mit Messen, Tastings, Foren usw.
2005 Entschloss ich mich dann, in die Selbständigkeit zu gehen. Mir macht einfach das Geschäft mit Nischen und dem Fachhandel mehr Spaß als große Marken gegen Listungsgelder an Ketten zu verhökern.
PG: Spielt der Whisky von Anfang an eine Rolle in Deinem Unternehmen? Welchen Stellenwert hat der Whisky heute im Vergleich zu anderen Spirituosen?
AC: Am Anfang eine ganz untergeordnete. Als ich 2005 anfing waren eigentlich alle Destillen und Independents am deutschen Markt verteilt. Mein einziger Bezug waren die Whisky-Liköre vom Scottish Liqueur Centre. Das waren und sind alte Morrison-Bowmore-Leute, nicht zuletzt Brian Morrison, der Ex-Besitzer und Kenny MacKay, lange Jahre Sales & Marketing Manager bei MBD.
Nachdem ich mir Monate lang Kundenanfragen nach Whisky anhören musste („bei Deiner Vergangenheit…“) bin ich dann nach Schottland geflogen, hab mich mit Kenny zusammengesetzt und wir haben überlegt, selber unabhängige Abfüllungen zu machen. So ging es dann im August 2006 los.
Heute sind etwa neunzig Prozent des Geschäfts Whisky.

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Ist der Whisky für Dich persönlich eine Spirituose wie jede andere oder hat Whisky für Dich etwas Besonderes, das ihn vielleicht von anderen Spirituosen abhebt?
AC: Fraglos ist Whisky etwas Besonderes. Kaum eine andere Spirituose hat so strenge Vorschriften in der Herstellung wie Whisky. Dadurch gibt es selbst im Einstiegsbereich kaum Totalausfälle. Die Geschichte der Whiskyherstellung, speziell in Schottland, ist irre spannend. Gerade die schottischen Destillen, die ja fast alle wirken wie kleine alte Manufakturen, machen einen guten Teil des Zaubers aus. Dass da heute fast immer große Konzerne und gnadenlose Marketingstrategie dahinterstecken, sieht ja der Besucher vor Ort kaum.
Nicht zuletzt ist die geradezu grenzenlose Vielfalt, die wir geschmacklich beim Whisky haben auch ziemlich einmalig. Speziell seitdem Länder wie Indien, Taiwan, die Schweiz, Frankreich und nicht zuletzt Deutschland den Whisky auch als Produzenten entdeckt haben!
PG: Kannst Du Dich noch an die erste Abfüllung erinnern, die Ihr unter eigenem Label vermarktet habt? Was war das für ein Gefühl, einen Whisky mit dem eigenen Firmenschriftzug unter die Genießer bringen zu können?
AC: Natürlich! Es waren zwei Fässer, ein Mortlach acht Jahre und ein Blair Athol 30 Jahre. Am 7.7.2006 um 10:30 ging die erste Mail raus. An ganze einundsechzig potentielle Kunden. Am Abend war schon der Blair Athol ausverkauft, der Mortlach vier Tage später. Da waren die beiden noch gar nicht gebottelt! Den Mortlach haben wir noch als siebenjährigen angeboten, bis er dann endlich ins Fass kam war er acht Jahre alt 😉 . Die fertigen Flaschen kamen allerdings erst Mitte August und das war dann schon ein toller Anblick.

Foto: (c) A. Caminneci
Aber Anfang Juli war die Gefühlslage noch etwas anders. Da waren dann nun zwei Fässer Whisky gekauft, fünfzehntausend Euro lagen im Fass herum, und keiner wusste, was passiert. Als ich die Offerte rausschickte, hatte niemand die Flaschen gesehen, geschweige denn den Whisky probiert. Alles, was es gab, war ein proof vom Label und die technischen Daten… und meine Aussage, „der Whisky ist gut“. Das war schon ein sehr mulmiges Gefühl. Was würde passieren? Als dann im Minutentakt die Faxe und Mails aus dem Drucker vielen, habe ich schon mal tief durchgeatmet und ‘ne Pulle Sekt aufgemacht! Aber das wirklich Schöne war, dass noch bevor diese Flaschen ausgeliefert waren, Anfragen kamen, wann wir was denn als nächstes abfüllen!
Tja, bis heute sind es 176 Bottlings geworden. Insgesamt 60.775 Flaschen wurden mit den fünf unterschiedlichen Labeln C&S Dram abgefüllt, vom „Regional“ bis zum „Exceptional“. Das ergibt so tolle weitere Zahlen wie 40.681 Liter Whisky bzw. 22.298 Liter puren Alkohols, die wir in dieser Zeit abgefüllt haben. Herr Finanzminister, 290.546,14 € an Branntweinsteuer haben wir für Sie erwirtschaftet!
PG: Was zeichnet die Abfüllungen von C&S Dram aus? Wie unterscheiden sie sich von anderen Produkten auf dem Markt?
AC: Das zitiere ich mal aus der allerersten Offerte: „Jedes Fass wird einzeln abgefüllt, so wie die Natur den Whisky hat reifen lassen – fassstark, ohne Kälte Filtration und ohne Karamell! Bewusst verzichten wir auf alles, was den Whisky künstlich teuer macht. Jeder Whisky Fan soll sich diese Abfüllungen leisten können. Es gibt kein Marketing Budget, keine imitierten Holzkisten oder Blechdosen drum herum – einfach nur guter Whisky in einer Flasche.“
Ok, da gab es noch keine Serien „Dram Good“ oder „Dram Regional“, bei denen wir die Whiskies verdünnen – aber alles andere hat bis heute Bestand.
PG: Wie entscheidest Du, ob ein Whisky reif ist und abgefüllt werden kann? Gibt es Kriterien, die Dir bei dieser Entscheidung besonders wichtig sind? Triffst Du eine solche Entscheidung allein oder hast Du dabei Unterstützung?
AC: Eine gewisse Vorauswahl trifft natürlich Kenny in Schottland für mich, der die Fässer kauft – nicht nur für mich, auch für andere Märkte bzw. mittlerweile auch für sehr viele Abfüllungen, die sie selber machen. Aus dem „Scottish Liqueur Centre“ ist ja mittlerweile auch „Morrison & MacKay – Whisky Merchants“ geworden, da sich der Focus eben sehr verändert hat.
Es gibt für mich exakt zwei Kriterien die entscheiden: der Whisky muss mir schmecken und der Preis muss passen – nicht billig, aber preis-wert! Alles andere ist mir egal!

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Welche Rolle spielt das Alter eines Whiskies für Dich?
AC: Ebenso wie Destille, Fasstyp, Alkoholgehalt oder was auch immer – gar keine! Wenn ein junger Whisky gut ist – abfüllen, wenn ein alter Whisky nicht gut ist – nicht abfüllen! Alter ist keine Qualitätsgarantie!
PG: Gibt es Whiskies, die bei den Kunden besonders gut ankommen oder vielleicht sogar Selbstläufer sind?
AC: Der ideale Whisky ist von Islay, über 20 Jahre alt im Sherryfass gelagert, sehr rauchig und kostet unter 100 Euro. Die eierlegende Wollmilchsau 😉 . Leider gibt es solche Fässer praktisch nicht, zumindest nicht in der Preisklasse!
Generell läuft rauchig besser als nicht rauchig, dunkler Whisky besser als heller, bekannte Namen verkaufen sich leichter als unbekannte. Ein sehr dunkler Bowmore aus dem Sherryfass ist unabhängig von der Qualität in Minuten ausverkauft, ein sensationell guter Auchroisk aus dem gebrauchten Hogshead braucht viel Zeit!
PG: Wie viele Fässer füllst Du pro Jahr ungefähr für Dein eigenes Label ab? Wird es angesichts der aktuellen Situation auf dem Whiskymarkt schwieriger, an gute und bezahlbare Fässer zu kommen?
AC: Dieses Jahr haben wir etwas verhalten gearbeitet. Da ja im Sommer das neue Label gekommen ist, wollten wir nicht zu viele Abfüllungen mit altem Label auf Lager haben, daher gab es im ersten Halbjahr nur fünf Abfüllungen, dafür aber jetzt schon fünf mit neuem Outfit und neun kommen noch. So werden es dann doch neunzehn in 2016, das entspricht etwa dem Level der Vorjahre. Und so in etwa soll das auch bleiben.
PG: Wenn Du auf Deine bisherige Karriere als Abfüller zurückblickst, gibt es einen Whisky, der für Dich ein ganz besonderes Highlight war?
AC: Mehrere. 2007 hatten wir einen Balblair 16 Jahre mit einem unheimlichen Bananenaroma. Und das für 40 Euro, der war superspannend. Im gleichen Jahr gab es auch einen Glenlivet 30 Jahre, der war ein Megakracher. Der wurde damals für 114,90 Euro verkauft, das war ein echtes Schnäppchen!
2009 ein 18 Jahre alter tiefdunkler Mortlach aus dem Sherry Butt, der mich an wirklich alte Macallans erinnerte. Auch der war für 40 Euro auf dem Markt, ein Hammer! Die Glenglassaughs für Deutschland waren alle outstanding, und auch unser Dram Exeptional Glenglassaugh hatte seinen Namen verdient. Ach, wo hör ich auf…?

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Neben Deinen Eigenabfüllungen gehört auch der Exklusivimport und –vertrieb anderer Whiskymarken zu Deinem Geschäft. Welche Produkte gehören zu Deinem Portfolio und was muss ein Whisky haben, dass er für Dich und Dein Warensortiment interessant ist?
AC: Wir haben von Morrison & MacKay deren andere Linien, das sind einmal die Blended Malts „Old Perth“ in den Varianten Classic, Sherry Cask und Peaty, dann die Serien Carn Mor Strictly Limited, selected Cask vattings mit 46 % und Carn Mor Celebration of the Cask, fassstarke Einzelfässer in Premium Qualität.
Ein weiterer Unabhängiger ist die Malt Whisky Company von Stuart Nickerson, mit dem ich aus der gemeinsamen Glenglassaugh-Zeit sehr befreundet bin. Auch hierbei handelt es sich um High End Abfüllungen. In Kürze kommt von Stuart noch der „Shetland Reel Whisky“, ein auf den Shetlands geblendeter Malt hinzu. Bereits im Programm haben wir auch Stuarts Shetland Reel Gin, in Kürze drei Varianten von Schottlands nördlichster Destille – aus der bald hoffentlich auch Whisky kommt!
An Destillen vertreten wir Speyside Destillers aus Schottland, Säntis Malt aus der Schweiz, Puni aus Italien und Kavalan aus Taiwan. In Hofheim werden wir noch einen weiteren Partner vorstellen, die Privatbrennerei Pfanner aus Österreich. Dazu kommen noch Cider, Crisps und Fudges aus Schottland.
Auch bei anderen Produkten als unseren eigenen spielt der Geschmack eine Hauptrolle. Ich könnte keine Destille vertreten, deren Produkte ich nicht überwiegend gut finde. Es ist nicht wie bei unseren Einzelfässern, da muss jedes schmecken. Im Portfolio einer Destille kann auch mal ein Whisky sein, der nicht meine Welt ist, aber das Gesamtkonzept muss passen. Und bei der überwiegenden Anzahl von Abfüllungen sollte mein Gesichtsausdruck beim Probieren Zufriedenheit zeigen und nicht entgleisende Gesichtszüge.
Grade bei den „Exoten“ suchen wir keine Destillen, die versuchen Schotten zu kopieren. Wenn ich tollen schottischen Whisky möchte, dann trinke ich schottischen Whisky! Wenn ich einen Schweizer, Taiwanesen oder Österreicher trinke, möchte ich ein spannendes, eigenständiges Destillat, das auf seine ganz eigene Art schmeckt!
Wichtig ist mir auch, die Leute die dahinterstehen kennenzulernen, da muss auch die Chemie stimmen. Wenn der Kontakt nur mit gesichtslosen Marketingmenschen erfolgt, ist das schon mal ein relatives No Go für mich. Ich möchte die Leute kennen, die an der Brennblase und im Blendingroom stehen, die das Produkt machen und prägen – und ich möchte merken, dass wir auf einer Welle sind, dass deren Philosophie und meine zusammenpassen. Das Wort „Partner“ im Firmennamen ist mir sehr wichtig. Wir suchen Partner, keine Lieferanten.
PG: Kannst Du aufgrund Deiner Geschäftstätigkeiten beobachten, dass Whisky ein Trendgetränk ist? Welche Licht- und Schattenseiten siehst Du darin?
AC: Es wird schon mehr Whisky getrunken als noch vor zwanzig, dreißig Jahren. Das Angebot und die Auseinandersetzung mit dem Produkt sind ja auch unglaublich vielfältiger als damals. Das sehe ich aber weniger als Trend an, sondern als gewachsene Entwicklung.
Trend hat für mich immer so einen leicht negativen Touch, im Sinne von modischen, kurzfristigen Trends. Heute Prosecco, morgen Hugo, nächste Woche Sprizz. Da werden Getränke in kurzer Zeit mit viel Marketing zum Trend aufgeblasen, jeder spielt mit und versucht in kurzer Zeit viel Profit zu machen. Wenn das nicht mehr geht, lassen wir die heiße Kartoffel fallen und treiben die nächste Sau durchs Dorf.
Whisky, besonders im Bereich hochwertiger Single Malts, ist als Getränk über viel zu lange Zeit gewachsen und als Genussmittel zu sehr im Bewusstsein verankert, als dass ich da von einem Trend reden würde.
PG: Siehst Du, dass der Boom um Whisky in den kommenden Jahren von einer anderen Spirituose abgelöst werden könnte?
AC: Im Bereich der Investmentgeschichte mit Sicherheit, als High End Genussgetränk eher nicht. Gerade die Vielfalt, die durch neue Whiskydestillen in der ganzen Welt grade entsteht, wird das Gesamtthema Whisky eher noch spannender machen. Ich hoffe allerdings auf günstigere Preise.

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Aktuell finden immer mehr Originalabfüllungen ohne Altersangabe ihren Weg in den Fachhandel und ältere Whiskies (oder überhaupt Whiskies mit einer Altersangabe) steigen teilweise erheblich im Preis. Daneben finden immer mehr limitierte Sonderabfüllungen ihren Weg zu Sammlern. Etwas überspitzt gefragt: Ist Whisky vom Genussmittel zum Sammelobjekt geworden? Bist Du selbst ein Whiskysammler oder wie siehst Du es, wenn ein Produkt, das eigentlich zum Genießen hergestellt wurde, in Vitrinen oder Tresoren steht?
AC: Ja, da haben wir im Moment tatsächlich einen riesen Trend – Whisky als Investment! Da reden wir nicht mehr über das Getränk, sondern nur über das Anlageobjekt. Ich persönlich finde das gruselig, ich würde nie jemandem Whiskyflaschen als Investment empfehlen. Für mich ist das ein unglaublicher, gemachter Hype, der manche Preise in absolut realitätsferne Höhen getrieben hat.
Achtung, dazu gehören immer zwei, Produzenten, die hohe Preise verlangen, aber vor allem auch Käufer, die diese Preise bezahlen bzw. dann in Sekundär- und Tertiärmarkten wie Auktionen usw. dann noch das Vielfache vom ursprünglichen Preis. Diese Käufer sind aber nur zu einem sehr geringen Teil die echten Whiskyliebhaber. Klar gibt es auch unter denen „verrückte“ Sammler, die eben jede Port Ellen-, Brora-, Bowmore- oder was auch immer Abfüllung haben wollen. Aber sehr, sehr viele Flaschen werden gar nicht mehr mit dem Grundgedanken gekauft, als genussvolles Getränk zu dienen, sondern nur noch als Wertanlage mit der Hoffnung auf schnelle extreme Wertsteigerung.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis diese Blase platzt und zwar mit großem Getöse. Da freue ich mich jetzt schon drauf! Dann wird es sicherlich eine Menge Abfüllungen die in den letzten zwei bis fünf Jahren verschwunden bzw. in schwindelerregenden Preisregionen waren, wieder zu deutlich moderateren Preisen geben.

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Nun bist Du nicht nur Whiskyliebhaber, Händler und Abfüller, Du gehörst auch zum Kreis der „Keepers of the Quaich“. Seit wann bist Du ein Keeper und was bedeutet es für Dich, zu diesem Kreis zu gehören?
AC: Ich wurde am 11. April 2011 bei den Keepers of the Quaich aufgenommen. Das war schon eine Ehre, grade für ein so kleines Licht (im wirtschaftlichen Sinne) wie mich. Ich war damals der Keeper Nr. 1988, mittlerweile sind es so 2.500 weltweit, das ist schon etwas Besonderes!
PG: Wie kam es zu Deiner Mitgliedschaft bei den „Keepers of the Quaich“ und welche Rolle spielt Deine Zugehörigkeit in Deinem beruflichen Alltag?
AC: Brian Morrison hat mich damals vorgeschlagen, das persönlich bedeutet mir schon sehr viel. Diesen Grandseigneur der schottischen Whiskyszene als Mentor und Freund zu haben, ist definitiv eine Ehre!
Manche beruflichen Kontakte gehen schon deutlich schneller. Unter Keepern sowieso, aber auch wenn man bei Destillen anklopft und die mitkriegen, du bist Keeper, dann geht die Türe schneller auf.
PG: Wenn man sich beruflich intensiv mit Whisky beschäftigt, hat man dann überhaupt noch Lust oder Gelegenheit, einen Whisky am Abend einfach nur für sich oder mit Freunden zu genießen?
AC: Also, so ganz allein für mich, eher selten. Ich habe jetzt seit fast dreißig Jahren beruflich mit Alkohol zu tun. Das machst Du nicht so lange, wenn Du jeden Tag die Produktqualität überprüfst 😉 . Aber ab und an kommt es doch vor. Ich würde allerdings behaupten, weniger als ein dutzendmal im Jahr.
Mit Freunden ist das etwas anderes. Whisky und Geselligkeit gehen für mich sehr eng zusammen, da wird dann auch gerne mal gegenseitig der aktuelle Favorit präsentiert. Allerdings ist für mich selten mehr als 1 cl im Glas.
PG: Hast Du zur Zeit einen Lieblingswhisky? Was zeichnet diesen Whisky für Dich aus?
AC: Ich habe seit ca. zwei Jahren alte Blends aus den 60er und 70er Jahren für mich entdeckt, da gibt es unglaubliche Tropfen. Selbst ein Ballantines 12 oder Dimple 12 aus diesen Zeiten macht richtig Spaß. Die Dinger haben einen Tiefgang und eine Aromenvielfalt mit 43% das ist unglaublich. Da sieht mancher fassstarke Single Malt von heute alt gegen aus.

Foto: (c) A. Caminneci
PG: Auf welche Whiskies von C&S Dram dürfen wir uns demnächst freuen?
AC: Anfang Oktober kommen ein 2009er Speyburn, ein gleichalter Tamnavulin, ein 2010er Aultmore aus dem Sherry Hogshead und ein sechs Jahre alter Caol Ila als Dram Good, also leicht verdünnt auf 48,9%.
Kurz danach noch ein neuer Dram Regional Lowland, aus einer nicht genannten Destille am Meer, die man mit Glenfiddich in Verbindung bringen könnte 😉 . Und noch ein Dram Good, ein Glentauchers aus dem Sherry Puncheon mit traumhaften Schokoladennoten. Als letztes (wahrscheinlich) ein sehr torfiger, gerade mal dreijähriger, aber sensationeller Single Malt von Islay, den wir „Peated root of the river“ nennen müssen. Viel Spaß beim Rätsellösen 😉 .
PG: Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und viele Whiskyfreunde, die Du mit Deinen eigenen Abfüllungen und Deinem übrigen Whisky-Portfolio begeistern kannst. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.
AC: Ja, danke Dir für die spannenden Fragen, hat viel Spaß gemacht!
Großartiges Interview…war auch mal an der Zeit.?