
Bereits seit den 1960er Jahren steht das Familienunternehmen van Wees in den Niederlanden für qualitätsvolle Single Malt Whiskies. Damals begann das Unternehmen Whiskies von renommierten schottischen Destillerien in die Niederlande zu importieren und auf dem niederländischen Whiskymarkt neue Maßstäbe zu setzen. 1994 riefen Han und sein Sohn Maurice van Wees mit der Whiskyserie “The Ultimate” ihr eigenes Label als unabhängige Abfüller ins Leben. Damit begann eine enge Zusammenarbeit mit Andrew Symington, dem Gründer von Signatory Vintage, dem inzwischen auch die kleine Brennerei Edradour gehört. Diese Kontakte sichern dem niederländischen Independent Bottler van Wees die Möglichkeit, regelmäßig Einzelfässer unter eigenem Label abzufüllen. Allesamt mit natürlicher Färbung und ohne Kühlfiltration. Im Fall des hier vorgestellten Edradour 2006 kam der Whisky noch dazu in Fassstärke in die Flasche, mit kräftigen 60,2%Vol.
Destilliert wurde der Single Malt am ersten Juni 2006 in einer Destillerie, die sich gern mit dem Beinamen “Schottlands kleinste Brennerei” schmückt. Die in den Highlands gelegene Edradour Distillery wurde 1825 gegründet und produzierte lange Zeit für die Blended Industrie. Ein erster Single Malt wurde erst 1986 abgefüllt. Seit 2002 befindet sich die bei Touristen äußerst beliebte Brennerei im Eigentum von Andrew Symington.
Im Glas schimmert der Edradour 2006, der nach neunjährifer Reifung in einem Sherry Butt am 27. Oktober 2015 abgefüllt wurde, in einem dunklelgoldenen, beinahe kupfernen Farbton. Nur ganz vereinzelt fließen die Legs an der Wand des Glases herab.
Der hohen Alkoholgehalt von über sechzig Prozent ist dem Single Malt im Aroma auf jeden Fall anzumerken. Kräftig und kühlend steigt der Alkohol in die Nase und trägt eine voluminöse, beinahe fleischige Sherrynote. Ein fruchtig süßes Aroma, das mich an Marmelade aus Mieze Schindler Erdbeeren erinnert. Dahinter machen sich leichte Holznoten bemerkbar. Dezent würzig erinnern sie mich mit der Zeit an geröstete Nüsse und mit ihrer leichten Lakritznote auch etwas an Kräuterbonbons vom Weihnachtsmarkt. Überhaupt macht der Edradour 2006 von van Wees auf mich den Eindruck, dass er in der Vorweihnachtszeit besonders gut zur Geltung kommt. Geriebene Orangenschalen, kandierter Ingwer, Früchtebrot, Rosinen und Pfefferkuchen runden das Aroma des Single Malts ab.
Mit einem kräftigen, pfeffrigen Antritt zeigt der Edradour 2006 seine Präsenz im Mund. Bei 60,2%Vol. darf man aber auch nichts anderes erwarten. Eine pfeffrige Schärfe prickelt auf der Zunge und den Wangen. Gleichzeitig zeigt sich auch im Geschmack eine fruchtige Süße. Rosinen, Edrbeeren und eine leichte Schwefelnote wie von einem abgebrannten Streichholz legen sich auf die Zunge. Schließlich zeigen sich dunkle Schokolade, Lakritze und eine dezent-würzige Holznote. Bei der Zugabe von etwas stillem Wasser wird der Whisky deutlich weicher, zeigt dann eine Schärfe von kandiertem Ingwer und erneut eine Fruchtigkeit, die an Erdbeermarmelade und Früchtebrot erinnert.
Der Abgang des Edradour 2006 ist langanhaltend, wärmend und von Sherry und dunkler Schokolade geprägt. Eine leichte Trockenheit belegt dabei Wangen und Zunge.
Um es ehrlich zuzugeben: Bisher gehörten die Whiskies von Edradour nicht zu meinen bevorzugten Single Malts. Als ich allerdings in der Whisky Lounge Heroldsberg den Edradour 2006 von van Wees probieren durfte, war ich von diesem Whisky wirklich angetan. Vor allem das süße und fruchtige Aroma hat mich überzeugt. Mit einem Preis von etwa 80 Euro ist dieser 9-jährige, auf 668 Flaschen limitierte Single Malt sicher kein Schnäppchen. Trotzdem hat er Liebhabern von sherrytönigen Whiskies eine Menge zu bieten. Durch seinen kräftigen, wärmenden Charakter ist er ein guter Begleiter durch die kalten Jahreszeiten und in Kombination mit dem richtigen Weihnachtsgebäck eine gute Einstimmung auf die schönste Zeit des Jahres.
Patrick
Wie fast immer sehr informativ geschrieben, nicht so überdreht wie auf anderen, bekannteren Rezensionsseiten. Bleibt bitte weiter so aufs wesentliche konzentriert.
Gruß aus Südbrandenburg.