
Foto: (c) mr.whisky
Die Begeisterung für Whisky verdankt Michael Reckhard seiner Frau. Drei Miniaturen, die sie ihm vom Erfurter Weihnachtsmarkt mitgebracht hatte, wurden für den Mann aus Eschborn zu einer Initialzündung. „Der erste, den ich probiert habe, war der Ardbeg Ten. Der war so etwas wie ein Kulturschock. Danach hatte ich einen Talisker – der war spannend. An den dritten kann ich mich gar nicht mehr erinnern, es war irgendein Speysider.“
Danach war es um den heute 60-jährigen Sicherheitsingenieur geschehen. Whisky wurde zu seiner neuen Leidenschaft und spielt inzwischen auch eine nebenberufliche Rolle. „Ich bezeichne es immer als ‚eskaliertes Hobby‘. Und ich beginne langsam zu überlegen, wann ich meinen jetzigen Hauptjob an den Nagel hänge und mich mehr auf das Whiskygeschäft konzentrieren will.“
Fassteilungen als Geschäftsmodell
Aufgrund seiner Namensinitialen nennt Michael Reckhard sein 2010 gegründetes Unternehmen mr.whisky. „Als ich nach einem griffigen Namen gesucht habe, kam mir das Wortspiel mit den Initialen. Der gleichzeitigen Bedeutung dieser Abkürzung als ‚Mister‘ konnte ich nicht widerstehen.“

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Seinen Whisky vermarktet Michael Reckhard unter dem Label „Spirit of Caledonia“. Für seine ersten beiden Abfüllungen konnte er zwei Fässer der auf Islay ansässigen Brennerei Laphroaig ergattern, die er in Schottland abfüllen ließ. Der Verkauf in Deutschland fand damals über ein Internetforum statt, über das Interessenten Fassanteile kaufen konnten. „Beide Abfüllungen waren ein riesiger Erfolg und dadurch reifte der Entschluss, das Geschäftsmodell mit den Fassteilungen zu entwickeln und weiter zu betreiben.“
Nach wie vor wird ein Großteil der „Spirit of Caledonia“-Bottlings in Form von Fassanteilen vermarktet. Kunden erwerben dabei einen Anteil von einem Prozent des Fasses, was unter dem Strich drei Flaschen Whisky ergibt. „Im Rahmen der Teilungsaktionen kann ich die Whiskies zu einem sehr guten Preisleistungsverhältnis anbieten. Auf Wunsch kann man auch ein Zertifikat für seinen Fassanteil bekommen.“
Inzwischen hat sich Michael Reckhard einen großen Kunden- und Interessentenkreis aufgebaut, denen die Teilungsaktionen über einen Newsletter mitgeteilt werden. „Natürlich machen davon nicht alle jedes Mal mit. Aber es gibt einen harten Kern, der sehr oft dabei ist.“ Neben Privatpersonen beteiligen sich auch Clubs und kleinere Händler an den Teilungsaktionen, die dadurch Hausabfüllungen unter eigenem Label anbieten können.
Weniger ist mehr
Die gegenwärtigen Marktentwicklungen stellen für einen Abfüller und Importeur im Nebengewerbe große Herausforderungen dar. „Es wird schwieriger gute ältere und bezahlbare Fässer zu bekommen. Ich sehe die Tendenz, dass viele unabhängige Abfüller jüngere Whiskies auf den Markt bringen, weil die noch einigermaßen bezahlbar sind.“
Für Whiskyliebhaber wird der Markt dabei nicht übersichtlicher. „Es gibt mittlerweile ein paar Quellen für Fässer oder Fassanteile, an die relativ leicht heranzukommen ist. Dadurch gibt es seit Kurzem einige Einzelpersonen oder Clubs, die eigene Abfüllungen anbieten. Für die Verbraucher wird es dadurch immer unübersichtlicher. Zumal man bei Einzelfassabfüllungen nie weiß, wie gut oder schlecht sie sind, bevor man sie probiert hat, und man jeden Euro ja nur einmal ausgeben kann.“

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Mit seinem eigenen Unternehmen setzt der hessische Whiskyhändler deshalb konsequent auf Qualität statt Quantität. „Es gab Jahre, in denen ich einige Abfüllungen mehr durchgeführt habe, als derzeit. Es ist einfach schwieriger geworden, zumal für jemanden wie mich, der das Geschäft neben seinem normalen Vollzeitjob betreibt.“
Dass die Qualität der Whiskies von Michael „mr“ Reckhard überzeugen, belegen mehrere Auszeichnungen. Darunter finden sich mehrere Gold- und Silbermedaillen des „C2C Spirits Cup“, der seit 2014 stattfindet.
Jenseits des Mainstream
Im Laufe der Jahre entstanden für Michael Reckhard bedeutende persönliche und geschäftliche Kontakte in das Heimatland des Whiskies. Besonders mit Master Distiller und Master Blender John McDougall, der unter anderem für Balvenie, Laphroaig, Tormore und Springbank tätig war, verbindet den Eschborner eine enge Freundschaft. „Johns Meinung ist mir auch bei der Auswahl meiner Whiskies wichtig. Er ist so etwas wie mein Mentor und damit auch mein erster Ratgeber.“

Foto: (c) mr.whisky
Bei der Auswahl seiner Eigenabfüllungen geht es Michael Reckhard nicht automatisch um den ausgewogenen Charakter eines Whiskies. „Manchmal ist es die Ungewöhnlichkeit eines Whiskies, die meine Entscheidung beeinflusst.“
Als Beispiel führt er einen 12-jährigen Single Malt aus einer familiengeführten Speyside Distillery in Ballindaloch an. „Deren Whiskies werden überwiegend in ex-Sherryfässern gelagert. Ich habe ein Refill-Bourbon-Hogshead erstanden und zusätzlich haben wir den Malt dann noch ein paar Monate in ein ehemaliges Ledaig-Fass gelegt, aus dem er seine Rauchnote und ein paar andere Aromen mitgenommen hat. Es ist eine extrem ungewöhnliche Abfüllung, die bei meiner Whiskygemeinde großen Zuspruch erhalten hat und längst ausverkauft ist.“
Goldene Fässer und grüne Politik
Mit seinem Mentor John McDougall arbeitet Michael Reckhard auch an anderer Stelle eng zusammen. Seit einigen Jahren ist der Michael Reckhard Exklusivimporteur des Whiskylabels The Golden Cask, das zur Hälfte John McDougall gehört. „Mit der Neuausrichtung der Marke im Jahr 2014 hat sich ‚The Golden Cask‘ als Premiumprodukt positioniert, mit einem hochwertigen Design und vor allem natürlich einer sehr guten Qualität.“
Darüber hinaus ist Michael Reckhard seit Mitte 2016 Importeur für Moon Harbour aus Bordeaux. „Dahinter stehen zwei Unternehmer, die im Hafen von Bordeaux einen alten U-Boot-Bunker gekauft haben und da nun eine Destillerie reinbauen. Ein spannendes Projekt.“ Auch dieser Kontakt kam durch John McDougall zustande, der für „Moon Harbour“ den Blended Whisky „Pier 1“ kreierte: Eine Vermählung schottischer Whiskies, die in Bordeaux ein mehrmonatiges Finish in ehemaligen Sauternesfässern erhielt.

Foto: (c) mr.whisky
Nicht zuletzt durch die Tätigkeit als Markenbotschafter und Importeur nimmt das Whiskygeschäft immer mehr Raum in Michael Reckhards Leben ein. Auch wenn sein Interesse weit über Whisky hinausgeht. „In einem früheren Leben habe ich mal Geographie studiert und mich mit vielen Aspekten des Umweltschutzes befasst. Deswegen war ich schon immer umweltpolitisch interessiert.“
So kam es schließlich, dass Michael Reckhard zehn Jahre für die Eschborner Grünen als Stadtverordneter engagiert war. Aus der aktiven Politik hat er sich inzwischen allerdings zurückgezogen. „Die Dreifachbelastung aus Beruf, Whiskygeschäft und Politik wurde mir zuletzt zu viel.“
Sein Engagement für Whisky geht dagegen weiter. Aktuell reift ein 11-jähriger Mortlach in einem frischen Merlot-Fass nach und wartet darauf, abgefüllt zu werde. „Außerdem habe ich gerade einen 18-jährigen Ben Nevis gekauft, der möglicherweise auch in diesem Jahr abgefüllt werden wird.“ Nach einem Kulturschock klingt das nicht. Eher nach einer guten Aussicht für alle Liebhaber von ausdrucksstarken Einzelfasswhiskies.
Patrick
Great article Patrick.
Thank you very much, John.
Ich habe sowohl Michaels Whiskies als auch ihn als Menschen kennengelernt – und ich kann beides nur empfehlen! 🙂